"Dürfen wir auch mal etwas mit Graffiti machen?“
Sechstklässler verschönern Bushaltestelle – eine Kunstlehrerin berichtet
Im letzten Schuljahr wurden in der jetzigen 6C der Wilhelm-von-Oranien-Schule Wünsche für mögliche Kunstprojekte ausgetauscht und gesammelt. Dabei meldete sich ein Schüler leise aus der hintersten Reihe: „Dürfen wir auch mal etwas mit Graffiti machen, Frau Lindemann?"
„Oh, ja!" unterstützten ihn seine Klassenkameradinnen und Klassenkameraden mit großer Begeisterung. Als Kunstlehrerin der Klasse musste ich den Kindern jedoch gestehen, dass ich in diesem Bereich leider keine Expertin bin und selbst mit Graffiti-Kunst noch keine Erfahrung gesammelt habe. „Mein Vater kann das aber! Er bietet sogar Workshops an," sagte Ella Brütting stolz aus der ersten Reihe.
Diese Idee ließ die 23 Schülerinnen und Schüler der Klasse bis zum Ende des Schuljahres nicht los, sodass wir kurz vor den Sommerferien im Jahr 2023 Claudio Brütting zu einem zweitägigen Graffiti-Workshop an unserer Schule einluden. Die Kinder hatten so die Gelegenheit, einiges über die Geschichte der Graffiti-Kunst zu erfahren und bekannte Graffiti-Künstler sowie ihre Werke kennenzulernen. Herr Brütting erklärte den Kindern auch, dass Graffiti nicht immer illegal sein muss, da es auch legale Wege gibt, Graffiti auszuüben. Anschließend wurden verschiedene Techniken und Sprühfarben auf Leinwänden ausprobiert.
Da die Schülerinnen und Schüler nicht nur auf Leinwände, sondern auf "echten Wänden" sprayen wollten, schlug Herr Brütting die Bushaltestelle gegenüber dem Haupteingang der WvO-Schule vor, die in den vergangenen Jahren sehr vernachlässigt worden war. Dank seiner Erfahrung als Sozialpädagoge und seiner vielfältigen Projekte mit Jugendlichen hatte Claudio Brütting fast alle benötigten Materialien zur Verfügung, sodass wir nur noch die Genehmigung der Stadt Dillenburg benötigten. Die Kinder entwickelten Ideen und bereiteten Entwürfe für die Wände der Bushaltestelle "Dillenburg Jahnstraße" vor.
Im März 2024 einigten sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse 6C auf einen endgültigen Entwurf: Das Motiv sollte einen Bezug zum Vivarium der Schule haben, welches durch sein Salamander-Schutzprojekt bereits viel Wahrnehmung in der Öffentlichkeit genießt. Kurz darauf ging es dann endlich mit der praktischen Sprüharbeit los. Fünf Stunden lang arbeiteten die 11- und 12-jährigen fleißig an den drei Wänden der Bushaltestelle. Am Ende des Tages konnten alle Projektbeteiligten kaum glauben, welche Veränderung etwas Farbe und Teamarbeit bewirken kann. Eine Woche später vollendeten wir die letzten Details und schlossen das Graffiti-Projekt mit einem Gruppenfoto ab.
Wie auf den Bildern zu sehen ist, ist die Klasse 6C sehr stolz auf ihr buntes Projektergebnis, das aufgrund eines spontanen und kreativen Vorschlags ins Leben gerufen wurde.