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Wilhelm-von-Oranien-Schule Dillenburg

Lernen in Vielfalt -
Leben in Verantwortung

"Das darf sich nicht wiederholen!“

WvO-Schüler im Gespräch mit Zeitzeugen des Holocaust

Am 1. Dezember machten sich zwei zehnte Klassen der Wilhelm-von-Oranien-Schule (WvO) auf den Weg zu einem Zeitzeugentreffen in Limburg. Das Bistum Limburg hatte im Rahmen der Zeitzeugenwoche 2025 Schulklassen eingeladen, mit Zeit -und Zweitzeugen ins Gespräch zu kommen. Die Schülerinnen und Schüler der WvO trafen dort auf sieben Überlebende des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts. Sehr persönliche Geschichten boten tiefe Einblicke in das Leben und Leiden der Zeitzeugen.  Es waren nicht nur Menschen aus Deutschland, sondern auch Zeugen aus Belgien, Frankreich, Polen, der Ukraine und den USA anwesend.

Die Zehntklässler fuhren zusammen mit den jeweils betreuenden Lehrkräften Thilo Schwarz-von Dessonneck, Lisa Heinecke und Kati Weigel mit dem Bus nach Limburg. Nach der Ankunft wurden die Schülerinnen und Schüler in verschiedene Gruppen aufgeteilt, um sich schließlich in Kleingruppen die Vorträge der Zeitzeugen anzuhören. Damit die Schülerinnen und Schüler allerdings auch den fremdsprachigen Zeugen zuhören konnten, waren für diese Fälle extra Dolmetscher vor Ort.

„Wir waren eine gute deutsche Familie“, erzählte Inge Auerbacher. Die mittlerweile Neunzigjährige stammt aus einer jüdischen Familie, die ihren Wohnsitz ursprünglich im Schwarzwald hatte, heute jedoch in den USA lebt. Vor einer kleinen Gruppe erzählte die achtfache Buchautorin (die unter anderem durch ihr Buch „Ich bin ein Stern“ bekannt ist) von ihrer Zeit im Ghetto Theresienstadt, in dem sie drei Jahre ihres Lebens verbrachte. Genauso wie Inge Auerbacher verurteilt auch die Zeitzeugin Henriette Kretz rassistische Diskriminierungen in der Welt. Selbst wenn es in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr Toleranz gibt, kennen Menschen wie Henriette Kretz die Schattenseiten der Gesellschaft, die leider auch aktuell wieder Alltag für viele Menschen sind. Henriette Kretz (Jahrgang 1934) erlebte Krieg, Flucht, Ghetto und das Überleben in zahlreichen Verstecken.

Ein Beispiel, dass es während des Holocaust jedoch nicht nur das Schicksal des Konzentrationslagers für die jüdische Bevölkerung gab, lieferte der Belgier Adolphe Nysenholc. Der heute Siebenundachtzigjährige wurde 1938 geboren und verlor nur vier Jahre später seine Eltern, die im Konzentrationslager ermordet wurden. Er hingegen kam in eine Pflegefamilie in Belgien, wo er vor den Nazis in Sicherheit leben konnte. Anders als viele Juden zu der Zeit, traf Adolphe in seiner Straße nicht auf Hass und Ablehnung, sondern auf Zusammenhalt. Die Nachbarschaft rund um den damals Vierjährigen hielt zusammen und riskierten ihr Leben, um das von Adolphe zu retten.

Die mit Abstand größte Gruppe von Schülerinnen und Schülern fand sich an dem Tag jedoch in der Aula ein, um die Geschichte von René Kaufmann zu hören, der 1937 in Belgien geboren wurde. Für die Nazis fiel René unter die Kategorie „Halbjude“, was ein Begriff für Juden war, deren Eltern teils jüdischer und nicht-jüdischer Abstammung war. (Dieser Begriff wurde von Nazis verwendet und benennt nicht eine Religion, sondern ist eine rassistische Zuschreibung.) René lebte mit seinen Eltern zusammen bei seiner Tante und seinem Onkel. Er erzählte davon, dass seine Tante an einem Tag auf dem Weg zu einem Geburtstag von Verwandten gewesen sei. Nur 200 Meter von ihrem Haus entfernt wurde sie jedoch von den Nazis festgenommen und in ein Konzentrationslager gebracht. René habe sie nie wieder gesehen. Auch seine Mutter wurde von den Nationalsozialisten nicht verschont. Nachdem diese den Soldaten keine Auskunft darüber geben konnte, wo sich Renés Vater zu diesem Zeitpunkt aufhielt, habe einer der Soldaten ihr die Zähne mit dem Gewehrkolben ausgeschlagen. Den Schülerinnen und Schülern sagte René, dass sie die Zukunft seien. Sie seien dafür entscheidend, dass sich eine solch furchtbare Zeit nicht wiederhole.

Der Vormittag war gefüllt mit verschiedenen berührenden Geschichten, die auch heute durch Personen wie René Kaufmann und die anderen Zeitzeugen noch weiterleben. Die Schülerinnen und Schüler der WvO hatten eine einmalige Chance, diesen Leuten begegnen zu können.

Nach den Zeitzeugengesprächen haben sich die Klassen in Seminarräume zurückziehen können, um sich wechselseitig von ihren jeweiligen Begegnungen und Gesprächen berichten zu können. Hierbei wurde deutlich, wie intensiv die Schülerinnen und Schüler das Gehörte aufgenommen hatten. Auch die Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-von-Oranien-Schule sind der Meinung, dass sich eine solche Zeit nicht wiederholen darf!

 

  • 2025
  • copyright Text: Lina Bielefeld, 10C
  • copyright Foto: Lina Bielefeld & Jay-Jay Blicker, 10C