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War Woyzeck wirklich der Täter?

„Überall-Theater“ präsentiert Georg Büchners Dramenfragment an der WvO

Das „Überall-Theater“ wurde Mitte Oktober seinem Namen gerecht und lieferte auf seiner Tournee in Dillenburg eine neunzigminütige Aufführung vor rund 130 Schülerinnen und Schülern sowie deren Deutsch-Lehrkräften ab. Für die Inszenierung waren Daniela Mitterlehner (Marie, Doktor) und Valentin Eckert (Woyzeck) verantwortlich. Den Tambourmajor und den Hauptmann verkörperte Christian Katzorke. In der vertrauten Umgebung des Atriums der Wilhelm-von-Oranien-Schule (WvO) erweckte die kleine Theatergruppe George Büchners „Woyzeck“ zum Leben und ermöglichte so eine intensive Auseinandersetzung mit dem Werk, das von den angehenden Abiturienten im vorherigen Jahr behandelt worden war.

Das Aufgebot des Theaters war simpel: drei Darsteller, ein mobiles Bühnenbild und einfache Requisiten, was den Fokus erfreulicherweise auf die Figuren und deren schauspielerische Ausgestaltung legte. Besonders die starke Mimik, der Einsatz ihrer Stimmen sowie die insgesamt gute Bühnenpräsenz verliehen dem Geschehen die nötige Authentizität. Überraschend artistisch gestaltete sich die Vorstellung, als der untergebene Woyzeck seinem Hauptmann, der in dieser Inszenierung mit der Figur des Tambourmajors verschmolz, rasierte, während dieser auf dem oberen Ende einer Stehleiter saß. Ohne großen Bühnenaufbau wurden so verschiedene Ebenen geschaffen, welche die Hierarchie der Figuren veranschaulichte. Kaum Beachtung dagegen schenkte das Ensemble der sog. „Vierten Wand“ zwischen der Bühne und dem Publikum und bezog die Schülerinnen und Schüler aktiv in das Geschehen ein. Woyzeck rannte durch die Reihen, Marie ließ sich betrunken auf einen Schoß fallen und die Frau Doktor fauchte einen Zuschauer in der ersten Reihe an, warum dieser denn bei ihren Ausführungen nicht mitschreibe.

Die Nähe zum Publikum brach nach dem Ende der Aufführung nicht ab, denn nun bot sich die Möglichkeit, Fragen zu stellen – und gerade eine Frage drängte sich auf: In vielen Szenen nutzte man den originalen Text, doch immer wieder kam auch eine dramaturgische Freiheit zum Ausdruck, die im Schluss kulminierte. Im Gegensatz zum originalen Werk entpuppt sich Maries Liebhaber, der Tambourmajor, als Täter, der aber sofort erzählt, dass es eigentlich ganz anders gewesen sei. Und dann spielte das Ensemble in einer Wiederholung der Mordszene doch alles textgemäß – den wahnsinnigen Woyzeck, der im Rausch seine Geliebte und Mutter seines Sohnes gewaltsam aus dem Reich der Lebenden verbannt. Im darauffolgenden Gespräch erklärt die Theatergruppe, die Szene solle den zum Nachdenken anregen, ob sich in der Figur des Tambourmajors nicht eventuell der wahre Täter verstecken könne.

Das kleine Gastspiel in der ansonsten eher leseintensiven Abiturvorbereitung des Deutschunterrichts erwies sich insgesamt nicht als dröge Veranschaulichung des Lehrplan-Stoffs, sondern wird auch im Nachgang den Schülerinnen und Schülern noch länger in den Köpfen nachhallen.

 Hier finden Sie dazu eine Theaterkritik aus der Schülerperspektive.

 



2023
copyright Text: Ole Lang, Q3
copyright Foto: Markus Hoffmann, WvO
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