Dr. Friedrich Renner ist dieses Jahr zum letzten Mal dabei
Am Mittwoch, dem 26. April, wird es ernst für die hessischen Abiturienten, dann starten die schriftlichen Abiturprüfungen. Nach den Pannen und Querelen im Nachbarland Nordrhein-Westfalen hoffen alle auf einen reibungslosen Ablauf. Für den diesjährigen Jahrgang gelten noch einmal ausnahmsweise besondere Bedingungen, da die Prüflinge zu Beginn der Oberstufe noch unter Pandemiebedingungen lernen mussten: Sie erhalten im Grundkurs 25 und im Leistungskurs 30 Minuten mehr Bearbeitungszeit.
An der Wilhelm-von-Oranien-Schule gehen dieses Jahr 117 Prüflinge an den Start. Für sie ist es selbstverständlich aufregend, denn es ist ihre erste wirklich wichtige Prüfung im Leben. Es gibt aber auch „alte Hasen“ bei den Abiturprüfungen, nämlich auf Lehrerseite. Studiendirektor Dr. Friedrich Renner ist so einer, er absolviert als Prüfer dieses Jahr seine letzte Runde, bevor er dann zum Sommer in den Ruhestand geht. Als Fachbereichsleiter für das mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Aufgabenfeld ist er auch für die Durchführung der Prüfungen in den betreffenden Fächern mit verantwortlich. Wir sprachen mit ihm über seine Abiturerfahrungen – die eigenen und die der Schülerinnen und Schüler im Laufe der Jahre.
Seit wie vielen Jahren sind Sie an der Wilhelm-von-Oranien-Schule? Wie viele Abiturprüfungen haben Sie betreut?
Dr. Renner: Ich bin an der WvO seit 1994, d.h. 29 Jahre. Da ich anfangs in jedem zweiten Jahr, später auch (fast) jedes Jahr mit eigenen Gruppen im Abitur war, denke ich, dass ich als Lehrer ca. 20 Lerngruppen im Abitur betreut habe.
In welchem Jahr haben Sie selbst Ihr Abitur absolviert und an welcher Schule?
Dr. Renner: Ich habe Abitur gemacht im Jahre 1976 an der Christian-Rauch-Schule in Bad Arolsen. Mein Jahrgang war der erste, der zwar noch im Klassenverband, in Religion und Sport aber in einem Kurssystem unterrichtet wurde, ansonsten konnte ich mich nach der Klasse 11 zwischen dem naturwissenschaftlichen Zweig und dem sprachlichen entscheiden. Man musste nur dann eine mündliche Prüfung ablegen, wenn die in den drei schriftlichen Abiturprüfungen erzielte Note von der aus den Halbjahren ermittelten Vorschlagsnote abwich.
Was hat sich seit Ihren ersten Abiturprüfungen bis heute verändert?
Dr. Renner: Durch die Umstellung auf das Zentralabitur im Jahr 2007 wurde die inhaltliche Freiheit des Lehrers sehr stark eingegrenzt, was zunächst in manchen Fällen zu weniger, in manchen aber auch zu mehr inhaltlichem Tiefgang geführt hat. Die Unsicherheit, wie die zu bearbeitenden Vorschläge aussehen werden, wich im Laufe der Jahre einer immer besseren Einschätzbarkeit der Anforderungen. Das Zentralabitur hat aber auch die Lehrer-Schüler-Beziehung verändert – ich bin als Lehrer mehr zum Unterstützenden und Strukturierenden geworden und die Gewichtung der Rolle des Prüfers hat etwas abgenommen.
Was könnte man bzgl. der Organisation des Landesabiturs aus Ihrer Sicht optimieren?
Dr. Renner: Ich finde es gut, dass die Termine für das Abitur jetzt nach den Osterferien sind, so dass das vierte Halbjahr der Qualifikationsphase (Q4) vorher abgeschlossen ist – auch wenn der Termindruck der Lehrkräfte für die Korrektur dadurch steigt. Warum allerdings neun von 16 Ländern Schülerinnen und Schülern keinen kostenfreien Zugriff auf die alten Prüfungen gewähren, ist mir ein Rätsel.
Wie würden Sie Ihre eigene Gefühlslage beschreiben angesichts dessen, dass es 2023 „das letzte Mal“ ist?
Dr. Renner: Zunächst gehe ich in diesen letzten Durchgang hinein wie in den Jahren zuvor auch: Ich hoffe, dass „meine“ Schülerinnen und Schüler (diesmal ist es ein Physik-LK) ihren Möglichkeiten entsprechend gut oder sogar besser als erhofft abschneiden und keine Einbrüche erleiden werden, die Korrekturen und das Schreiben der Gutachten ohne große Probleme über die Bühne gehen und ich in der mündlichen Phase der Abiturprüfungen als Fachbereichsleiter darauf achten kann, dass die Abiturprüfungen im naturwissenschaftlichen Bereich den Regeln entsprechend ablaufen.
Sicherlich habe ich im Laufe dieses Schuljahres immer wieder einmal daran gedacht, dass dies nun jeweils die letzte Unterrichtsstunde zu diesem oder jenem Inhalt ist, aber ich kann mir ein Leben „danach“ durchaus vorstellen, auch wenn ich bestimmt öfter an die Zeit als Lehrer zurückdenken werde – dazu war ich dann doch zu gerne in diesem Beruf tätig.
Haben Sie jeweils einen guten Wunsch oder Tipp für die Abiturienten und die Kollegen?
Dr. Renner: Ich wünsche Ihnen, liebe Schülerinnen und Schüler, dass Sie im diesjährigen Abitur zeigen können, was in Ihnen steckt und was Sie gelernt haben (nicht nur in den letzten beiden Jahren und trotz corona-bedingter Einschränkungen).
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich, dass Sie und Ihre Kurse die von Ihnen gesteckten Ziele ebenfalls erreichen und Sie Ihre Korrekturbelastung in Grenzen halten können.
Herzlichen Dank für die offenen Antworten und alles Gute für „die letzte Runde“!
Einen DZ-Artikel zum Abiturbeginn finden Sie hier: https://www.mittelhessen.de/lokales/lahn-dill-kreis/dillenburg/im-dillkreis-starten-die-abi-pruefungen-2492530